Noch kein Ersatzmodell für Tageszeitungen

Medienprofi Peter Stawowy im Presseclub Dresden

„Das Bedürfnis der Bürger, Zusammenhänge deutlich erklärt zu bekommen, ist nach wie vor vorhanden“, konstatiert der Dresdner Medienprofi Peter Stawowy im Presseclub Dresden auf die Frage von Journalistin Bettina Klemm, ob der Online-Journalismus in absehbarer Zeit die Printmedien ersetzen könnte. Leserumfragen der Sächsischen Zeitung hätten ergeben, dass die mit unterschiedlichen ausführlich erläuterten Themen besetzte Seite 3 der SZ die am meisten gelesene ist, danach erst folgen Lokales, Wirtschaft, Feuilleton und Sport. Es sei ein Fehler gewesen, dass große Tageszeitungen fast zehn Jahre lang ihre Artikel kostenfrei ins Internet gestellt hätten. Dafür mussten Online-Redaktionen gegründet werden, die von den Printmedien finanziert wurden. Das konnte nicht lange gutgehen.

Erst seit kurzer Zeit erheben beispielsweise Sächsische Zeitung und Dresdner Neueste Nachrichten Gebühren für ihre Onlinedienste. Der Papierzeitung sagt Stawowy nur noch eine kurze Lebensdauer voraus. Diese verlöre pro Jahr drei bis vier Prozent ihrer Leser. Das Ende sei abzusehen. Vielleicht sei das auch eine Generationen-Frage, da Papierzeitungen meist von Älteren gelesen würden.

Einige Zeitungen bieten aus Kostengründen ihren Lesern Online gegen Gebühr ausgewählte Ressorts an. Der Tagespiegel habe erfolgreich einen Newsletter etabliert. Das Online-Monatsabonnement der SZ zum Beispiel koste etwa zehn Euro. Auch für den Leser eine Ersparnis von monatlich ca. 23 Euro gegenüber der Papierzeitung. Obendrein von ökologischem Nutzen.

„Für die Tageszeitung gibt es noch kein Ersatzmodell“, sagt Stawowy, wohl aber für diverse Formen der Online-Darbietung. Um die Kosten zu senken, hätten vor allem Medienkonzerne Zentralredaktionen gegründet, welche verschiedene Ausgaben mit einem einheitlichen Mantel versehen. Für dieses Modell zeigte die ehemalige langjährige SZ-Journalistin Bettina Klemm wenig Sympathie. Darunter leide die inhaltliche Vielfalt.

Ein Kostenpunkt, den die wenigsten Leser ins Kalkül zögen, ist der Mindestlohn für Zeitungsausträger. Früher wurden diese nach der Anzahl ausgetragener Exemplare bezahlt. So kann es passieren, wie Bettina Klemm beobachtete, dass die Austräger konkurrierende Zeitungen in die entsprechenden Briefkästen verteilen: sowohl SZ als auch DNN oder Bild. Ob Papier oder Online, grundsätzlich tobt bei den Tageszeitungen ein dauerhafter Kampf um die Anzeigen als „Devisenbringer“.

Peter Stawowy produziert selbst das „Flurfunk-Medienblog“ als Informationsportal für Medien. Darüberhinaus das „Ostblog“ mit Schwerpunkt Ostdeutschland und „Ostcast“, letzteres für Hörer. Zur vergangenen Wahl brachte er als Print „Funkturm Nr.10 – Magazin für Medien und Politik“ eine bunte peppige DIN-A4 Broschüre „Wahlkampf zwischen klassisch und modern“ heraus. Darin fand der Autor auf Seite 59 eine nachdenkenswerte ambivalente Formulierung über die verbotene Finanzierung des Wahlkampf-Wettbewerbes mit Geldern der Fraktionen: „Demnach dürfen Fraktionen den Wettbewerb nicht verzehren.“

Text und Fotos: Roland Fröhlich