Integration ist gemeinsame Bewältigung des Alltags

Petra Köpping und Tatjana Jurk im Presseclub Dresden

„Das Thema Integration ist langfristiger als die hinter uns liegenden Jahre“, erläutert Petra Köpping (SPD), seit 2014 Sächsische Staatsministerin für Gleichstellung und Integration, „und wird uns noch mindestens eine Generation, wenn nicht noch länger begleiten.“ Um alle Interessen und Entwicklungen aufeinander abzustimmen, Wünsche und Vorschläge dann mit einer Stimme formulieren zu können, wurde auf Initiative des Ministeriums im April 2017 aus 42 Vereinen von Migranten der Dachverband Sächsischer Migrantenorganisationen e.V. in Dresden gegründet. Ziel des Verbandes ist es, die Politik im Freistaat aktiv mitzubestimmen.

„Wir möchten“, ergänzt Köpping, „dass die Migrantenorganisationen auf uns zukommen, ihre Vorschläge unterbreiten. Wir wollen keine Direktiven herausgeben.“ Integration beginne bei Sprachkursen, erklärt Tatjana Jurk, Vorstandsmitglied des Dachverbandes, Gründerin und Leiterin des „Zusammenleben e.V.“ in Freital, welcher seit 2011 Mitglied ist im Landesverband Integrationsnetzwerk Sachsen e.V. Die aus Kasachstan stammende Sozialpädagogin hat schon Sprachkurse unterrichtet als von Integration noch gar keine Rede war. „Integration ist die gemeinsame Bewältigung des Alltags“, sagt Jurk und verweist auf die täglichen ungezwungenen Treffen von Migranten im Dresdner Stadtmuseum zum Erfahrungsaustausch, Übersetzung und Ausfüllen von Anträgen und Formularen, Beschreibung von Ämtern und Ehrenämtern, Ratschlägen und dem täglichen Kleinkram. Auch Clubmitglied Frank Dietz ist seit Jahren als Begleiter und Seminarleiter für Migranten tätig. Von den etwa 50.000 Verfahren von Asylsuchenden in Sachsen sei etwa die Hälfte abgeschlossen, betont Petra Köpping. Insgesamt habe der Freistaat 89 Millionen Euro für Integrationsprogramme investiert. Darüber hinaus gebe es einen Fonds zur kurzfristigen Förderung von Integrationsprojekten. Der Presse komme eine besondere Rolle zu, betonte Köpping. Es sei auffällig, dass nach Berichten über Straftaten von Migranten, die Gewalttätigkeit deutscher und besonders sächsischer Neonazis ansteige. Deshalb sollten die Medien auch mit Nachdruck über die positiven Auswirkungen der Integration berichten. Der Dachverband solle verstärkt auf aktuelle Probleme reagieren und zu den einzelnen Vorfällen Stellung nehmen, fordert die Integrationsministerin. Die deutsche Erziehung sei verkehrt, kritisierte Moderatorin Hongfeng Yang, Journalistin aus China und selbst Vorstandsmitglied im Dachverband. Die Jugendlichen bekämen in Deutschland erst Aufmerksamkeit, wenn sie eine Untat begehen. Dann sei der Schock groß und der Ärger nachhaltig.

Die chinesische Community sei die zahlenmäßig stärkste Ausländergruppe in Dresden, aber ebenso unauffällig wie die vietnamesische, weil die meisten an der Uni studieren oder in Forschungslabors arbeiten. Die Bedingungen der Blue Card seien oft ein Hindernis, um als Einbürgerungskandidat in Deutschland anerkannt zu werden, weil sie an das Jahreseinkommen gekoppelt seien. Im Ausland sei das nicht so kompliziert, erläuterte Hongfeng Yang, welche erfreulicherweise die Podiumsdiskussion initiiert hatte. Eine große Anzahl der Migranten würden von Ausländerhilfeverein und Flüchtlingshilfeverein betreut. „Unsere Sozialarbeiter kennen fast jeden“, erklärte Petra Köpping auf die Frage, ob denn alle Migranten erfasst seien, „es gibt keine weißen Flecken auf der Landkarte.“

Vor kurzem wurde von der Gleichstellungsministerin das ehemalige Frauenbildungszentrum zum Genderkompetenzzentrum feierlich umgewidmet. Dadurch soll der Zuständigkeitsbereich von der geschlechtsspezifischen Ausrichtung auf die soziologisch wissenschaftliche Bedeutung im Berufsleben erweitert werden. „Dieses Thema öffne ich“, erklärte Staatsministerin Köpping, „um als sächsische Gleichstellungsbeauftragte alle zu erreichen.“

Text und Fotos: Roland Fröhlich

Peter Windhagen und Sabine Mutschke

Ministerin Petra Köpping

Tatjana Jurk

Hingfeng Yang