Wer zwitschert denn da?

Nach langer Corona-Pause begibt sich der Presseclub auf einen vogelkundlichen Spaziergang durch den Großen Garten

Vögel von A bis Z – von Amsel bis Zilpzalp – lassen sich im Großen Garten finden. Andreas Knoll scheint sie alle zu kennen. Schon seit seiner Jugend befasst er sich mit der Vogelkunde. Der Biologielehrer an einer Dresdner Schule ist Vorsitzender der Fachgruppe Ornithologie Dresden, die an den NABU angegliedert ist. Bei einem zweistündigen Spaziergang bringt er im Gespräch mit der stellvertretenden Vorsitzenden Sabine Mutschke den Clubmitgliedern die gefiederten Tiere nahe. Knolls Hauptbeobachtungsgebiet ist jedoch seit fast 20 Jahren die Dresdner Heide.

Wie bestellt, turtelt zu Beginn des Rundgangs ein Ringeltaubenpaar am Lichtmast vor dem Zoo. Das Männchen baut das Nest und ruft dann ein Weibchen. „In der Vogelwelt gibt es fast nur Damenwahl“, sagt Knoll. Dann geht es mit den Informationen Schlag auf Schlag. Der Zilpzalp ruft seinen Namen. Mit etwas Fantasie klingt der Ruf vom Goldammer: „wie-wie-wie hab ich die liiiieb“. Bei der Kohlmeise scheint es, als würde jemand auf Eisen feilen. Das bringt ihr auch den Namen Schlossermeise ein. Die Amsel flötet im feierlichen Moll, während die kleine Mönchsgrasmücke mit ihrem schwarzen Kopf im fröhlichen Dur einstimmt. Laut schmetternd mit Überschlägen macht sich der Zaunkönig bemerkbar. Hoch oben auf der stark duftenden Linde erkennt Knoll ein Rotkehlchen an seinen leicht gequetschten Flötentönen. Das Rotkehlchen ist übrigens der Vogel des Jahres 2021. Rauchschwalben, die im Zoo brüten, segeln über die Wiese auf der Suche nach Insekten. Mauersegler befinden sich fast ausschließlich in der Luft und machen sogar im Flug ein kleines Nickerchen.

Am „Kick-Kick“ ist der Buntspecht erkennbar. Beim Grünspecht klingt es eher wie ein Lachen. Besonders im Frühjahr klopfen Schwarzspechte wie ein wahres Trommelfeuer an den Stamm, um das Revier zu markieren. Spechte sind übrigens fleißige Höhlenbauer. Eine brauchen sie für die Brut, eine weitere zum Schlafen und einige Ersatzhöhlen schaden auch nicht. Schließlich okkupieren oft Stare die Höhlen der Spechte. Der Kleiber wiederum sei der einzige Vogel, der mit dem Kopf nach unten am Stamm entlanglaufen kann.

Deutlich zu hören ist das Tschilpen der Sperlinge. Der Feldsperling hat ein bräunliches Rückengefieder mit schwarzer Musterung und einen gräulichen Bauch. Im Gegensatz zum Hausperling besitzt er eine einheitlich braune Kopfplatte, weiße Wangen mit einem dunklen Fleck und ein weißes Nackenband.

Doch wie können Unkundige all die Töne auseinanderhalten? Knoll verweist auf die kostenlose App BirdNET von der TU Chemnitz. Kleine Tonsequenzen, möglichst ohne Nebengeräusche, werden aufgenommen und abgeschickt. Im besten Fall kommt der richtige Vogelname als Antwort.

Auffällig viele Federn liegen derzeit am Carolasee. Enten, aber auch Gänse und Schwäne, mausern sich auf einmal, erklärt Andreas Knoll. Mit dem Ruhekleid, sehen sie wie gerupft aus, können auch einige Zeit nicht fliegen und suchen ein sicheres Plätzchen am Uferrand. Wie aufs Stichwort schwimmt ein Schwanenpaar mit fünf Jungen heran. Schwäne sind ihren Partnern treu und nutzen meist auch das alte Nest. Die Jungen bleiben bis zur nächsten Balz im Frühjahr im Familienverband. Dann werden sie von den Männchen vertrieben. Bis zu ihrer Geschlechtsreife im dritten oder vierten Lebensjahr versammeln sie sich in größeren Gruppen.

Am Ende des Rundgangs sehen wir Krähen. Dresden, sagt Knoll, ist eine Grenze zwischen der östlich verbreiteten Nebelkrähe und der Rabenkrähe. „Es gibt hier fast ausschließlich Mischkrähen, Hybridkrähen“, erklärt er. Abends versammeln sich die Krähen in Gruppen bis zu 200 Tieren auf Bäumen.

Auch wenn die Vögel im Frühjahr deutlich kräftiger zwitschern, gab es für uns viel im Großen Garten zu hören. Es hat Spaß gemacht. Ein herzliches Dankeschön an Andreas Knoll für die spannenden Einblicke in die Vogelwelt.

Der NABU-Regionalverband Dresden wurde im Juli 1990 gegründet. Die Wurzeln des Naturschutzbundes in Dresden reichen jedoch bis 1899 zurück. In jenem Jahr hatte Lina Hähnle den „Bund für Vogelschutz“ gegründet. Das war der älteste Naturschutzverein in Deutschland.

Die Fachgruppe Ornithologie und Vogelschutz in Dresden stellte sich vor 70 Jahren – im Juni 1951 – der Öffentlichkeit vor. Sie beschäftigt sich mit der Erfassung der Vogelwelt in Dresden und der Umgebung und wirkt am Brutvogelatlas Sachsen mit. Sie nimmt zudem Wasservogelzählungen vor, beringt Brut- und Gastvogelarten und ergreift Maßnahmen zum Natur- und Vogelschutz. Bei Fachgruppenabenden und Stammtischen tauschen sich die Mitglieder über ihre Erfahrungen aus und planen Exkursionen zur Erkundung der hiesigen Vogelwelt. Interessenten sind jederzeit herzlich willkommen.

Das NABU-Regionalbüro befindet sich in der Kamenzer Straße 11. Dort kann man mehr über die Natur- und Vogelwelt und Möglichkeiten zu deren Schutz erfahren.

Text und Fotos: Bettina Klemm

https://ornithologie-dresden.nabu-sachsen.de/ueber-uns/