Der Presseclub Dresden überreichte den Erich Kästner-Preis 2012 an Gunter Demnig

Erich Kästner-Preisträger Gunter Demnig und Laudator Avi Primor, Foto: Tobias Koch

Der Presseclub Dresden hat heute, 25. November 2012, seinen 17. Erich Kästner-Preis an Gunter Demnig verliehen. Der in Berlin geborene Künstler erinnert mit seinen so genannten Stolpersteinen aus Messing an Menschen, die in der Zeit des Nationalsozialismus vertrieben  und ermordet wurden. Die Steine werden in der Regel vor den letzten frei gewählten Wohnhäusern der NS-Opfer in das Pflaster des Gehweges eingelassen.

Die Ehrung fand im Schloss Albrechtsberg statt. Das Preisgeld beträgt 10.000 Euro. Diese Summe stellte Gunter Demnig dem Neuen Jüdischen Friedhof in Dresden, dem „Stolpersteine für Dresden e.V.“  und dem „Bündnis Dresden Nazifrei“  zur Verfügung. „Ich freue mich sehr über den Preis und die Anerkennung“, erklärte der Preisträger. „Viele weitere Stolpersteine warten darauf verlegt zu werden. Die Menschen sollen mit dem Kopf und mit dem Herzen stolpern, und die Begegnungen mit ihnen sind dabei sehr bewegend.

Vor allem junge Leute erleben eine ganz andere Art von Geschichtsunterricht, wenn die Zahl der NS-Opfer durch ein konkretes Schicksal ein Gesicht bekommt. Trotz einiger Widerstände – die breite Unterstützung ist überwältigend, das Thema lässt mich nicht mehr los.“

„Demnigs Stolpersteine dürften heute das größte Flächendenkmal in Europa sein. Sie erinnern von Norwegen bis in die Ukraine an die Opfer des Nationalsozialismus. Ein Grund für den Presseclub, Gunter Demnig den Erich-Kästner-Preis zu verleihen, ist eine erschreckende Unkenntnis über den Nationalsozialismus bei vielen jungen Menschen. Die Stolpersteine bringen die Geschichte in Erinnerung und die Menschen verneigen sich vor den Opfern beim Lesen der Namen „, sagte Bettina Klemm, Vorsitzende des Presseclubs Dresden.

Die Laudatio hielt der israelische Publizist Avi Primor. Primor würdigte Demnigs Projekt und erklärte: „Die Stolpersteine sind das Gegenteil von Verdrängung. Sie liegen zu unseren Füßen, vor unseren Augen und zwingen uns zum Hinschauen. Durch Projekte wie die Stolpersteine wurde ein Dialog zwischen den Menschen in Deutschland und Israel möglich. Und zwischen-menschliche Beziehungen sind die Grundlage für Beziehungen zwischen Staaten. Gunter Demnig hat den Erich-Kästner-Preis mehr als verdient. Er hat sich gegen alle Widerstände durchgesetzt und die Idee der Stolpersteine mit Engagement lebendig gemacht. Mit dem Strom schwimmen nur die toten Fische.“

Avi Primor war in den 1990er Jahren israelischer Botschafter in Deutschland. Mit großer Offenheit und auch selbstkritischen Äußerungen zur israelischen Politik stellte er das deutsch-israelische Verhältnis auf eine neue Basis. Beispielsweise widersprach er dem israelischen Staatspräsidenten Ezer Weizman, der 1996 erklärt hatte, es sei für keinen Juden richtig, in Deutschland zu leben. Primor hielt zahlreiche Vorträge, war für einen Diplomaten außergewöhnlich häufig Gast in Fernseh-Talkshows und erlangte eine große Popularität in Deutschland. Heute leitet Primor in Zusammenarbeit mit einer palästinensischen und einer jordanischen Universität an einer Privatuniversität in Israel das Zentrum für Europäische Studien.

Der Erich Kästner-Preis wurde 1994 zum ersten Mal an Ignatz Bubis verliehen. Der 16. Preisträger war im vergangenen Jahr der Cellist und  Intendant der Dresdner Musikfestspiele Jan Vogler.

Der Presseclub Dresden wurde vor mehr als 20 Jahren von Journalisten, Pressesprechern und PR-Fachleuten gegründet als eine Plattform zum Gespräch und Erfahrungsaustausch. Heute hat der gemeinnützige Verein über 160 Mitglieder, die sich regelmäßig zu thematischen Clubabenden  treffen. Dazu werden gezielt Gesprächspartner aus Politik, Kultur, Wirtschaft und Kunst eingeladen.

Alle bisherigen Preisträger finden Sie hier.

Hintergrund

Mehr Informationen über das Projekt „Stolpersteine“ des Erich Kästner-Preisträgers Kurt Demnig finden Sie unter http://www.stolpersteine.com/. Allein in Dresden erinnern 36 Stolpersteine an Opfer des Nationalsozialismus.

Weitere 28 Stolpersteine werden am 25. und 26. November verlegt, darunter vor dem Haus von Marianne Schönfelder, der Tante des Malers Gerhard Richter, die auf einem seiner Gemälde zu sehen ist.

www.stolpersteine-dresden.de/Verlegungen2012