Schauspielintendant Joachim Klement im Dresdner Presseclub
„Unsere wesentlichste Aufgabe ist, dass die Energie, die wir bei der Erarbeitung von Theaterstücken und bei den Proben in die Inszenierung hineinstecken, auch für den Zuschauer auf der Bühne sichtbar wird“, sagt Joachim Klement, Intendant des Dresdner Staatsschauspiels, bei einem Gespräch mit SZ-Feuilletonredakteurin Johanna Lemke im Presseclub Dresden. „Ich bin ein großer Freund von starken Ensembles und deutlich kenntlichen Regiehandschriften“, ergänzt der gebürtige Düsseldorfer. Dabei sei ihm wichtig, dass sich die einzelnen, engagierten Schauspielerinnen und Schauspieler das Spektrum ihrer unterschiedlichen darstellerischen Fähigkeiten zeigen können und im Gesamtbild des Ensembles in Erscheinung treten. „Manchmal erleben sie an einem Schauspieler in einer ganz besonderen Rolle das Luzide, das Durchscheinende eines anderen Charakters“, erklärt Klement mit verhaltener Begeisterung, „das ist manchmal schöner und wichtiger als das Gesamtbild der ganzen Inszenierung.“
Klement erlebe auch Schauspieler, die jahrelang an der Kette eines Regisseurs gehangen haben und deren Wirkungsweise in einer freieren Spielform zu beobachten ist: „Was macht er jetzt? Entwickelt er sich mit dem Ensemble oder beißt er dem Kollegen gleich ins Bein?“
Auf die Frage, ob man mit Theater die Gesellschaft beeinflussen könne, antwortet Joachim Klement: „Natürlich ist das Theater auch ein Instrument der Meinungsfreiheit in einer Demokratie.“ Das Bedürfnis der Menschen, beteiligt zu werden, sei heutzutage groß und entstehe aus den unterschiedlichsten Gründen. „Wie sollen die Menschen zu uns kommen, wenn wir nicht alles daransetzen, die gesellschaftlichen Verhältnisse auf der Bühne in eine nachvollziehbare Handlung zu setzen“, betont der Intendant. Bürgerliches Engagement sei dazu äußerst wünschenswert. Die Dresdner Bürgerbühne sei ein gutes Beispiel für die zeitgemäße Wandlung
des Theaters, „wie ein warmer Strom, der aus der Bevölkerung ins Theater fließt.“
Das Publikum habe sich in den vergangenen Jahren sehr gemischt, auch über Altersgrenzen hinweg, konstatiert Klement erfreut. „Das andere ist, dass viele Leute auf uns zukommen und sagen, wie sie was gefunden haben.“ Johanna Lemke fragt, ob Klement als Westdeutscher und ehemaliger Generalintendant der Theater in Braunschweig denn hier Schwierigkeiten mit der Verständigung gehabt habe. „Das Problem war, dass ich dieselbe Sprache spreche, aber aus einem anderen Kulturraum komme.“ Das Theater suche ständig neue Darstellungsweisen und Spielformen. „Vielleicht kommen wir dazu, dass wir mal eine Inszenierung machen, gemeinsam mit allen Partnerstädten Dresdens.“
Mit der Bewerbung Dresdens zur Kulturhauptstadt Europas 2025 sollten wir offensiv umgehen“, fordert Joachim Klement, „gerade vor dem Hintergrund der eigenen
Geschichte bietet die Stadt ausreichend Potential, das ausgeschöpft werden kann. Wir reden vereinzelt schon darüber, was wir gemeinsam mit den anderen Theatern
dazu beitragen können. Wir haben das im Blick.“ Joachim Klement wurde 1961 in Düsseldorf geboren, studierte in Köln, München und war als Dramaturg in Graz und am Deutschen Schauspielhaus Hamburg, in leitender Funktion am Nationaltheater in Mannheim tätig, als Chefdramaturg am Theater der Freien Hansestadt Bremen und dem Düsseldorfer Schauspielhaus, danach Generalintendant in Braunschweig. Klement wurde 2017 ohne Findungskommission von Sachsens Kunstministerin Eva-Maria Stange (SPD) auf fünf Jahre an das Staatsschauspiel Dresden verpflichtet. Als Gründe für den Wechsel nennt Joachim Klement: Neugier, Offenheit und Sentimentalität. Kontinuität könnte man hinzufügen, denn Klement sagt: „Ich bin kein Mensch, der Tabula rasa macht.“
Text: Roland Fröhlich
Fotos: Ralf U. Heinrich