Konservativ allein ist noch kein Parteiprogramm

AfD-Stadtrat Gordon Engler im Presseclub

Die Alternative für Deutschland ist konservativ. Dieses Resumee könnte man zum Ende des Gespräches von Clubpräsident und SZ-Redakteur Andreas Weller mit Stadtrat Gordon Engler (AfD) als oberflächliche Quintessenz ziehen. Auf die Frage nach einem Parteiprogramm, einer Agenda, erklärt Engler: „Die AfD steht für eine konservative Geisteshaltung.“ Wir wollen, sagt Engler sinngemäß, Bestehendes bewahren und daraus für die Menschen verträgliche nutzbringende Veränderungen entwickeln. Vorläufig wichtigstes Ziel der AfD sei, laut Engler, durch zugespitzte Formulierungen mediale Aufmerksamkeit zu erreichen. „Wir spielen natürlich ein bißchen durch pressewirksame Zuspitzungen mit der Presse“, sagt Stadtrat Engler im Presseclub Dresden als suche er Spielgefährten. Das kenne man seit Jahren auch von der FDP, erwidert Weller, sei im Grunde ja nichts Neues. Allerdings setzt die AfD hierbei vor allem auf Kritik in der Flüchtlingsfrage.

„Was bietet denn die AfD ihren Mitgliedern, dass sie glauben, in der Partei aufsteigen zu können?“ fragt Weller. „Weil es Erfolgsbeispiele gibt“ antwortet Engler, „zum Beispiel der Landesvorsitzende von Thüringen (Björn Höcke, d.V.), der große Popularität genießt.“
Unter den insgesamt 300 bis 350 AfD-Mitgliedern in Dresden (Sachsen 2017: 1.690 Mitglieder, d.V.) seien viele junge Leute. Er selbst sei mit seiner konservativen Gesinnung schon immer politisch interessiert gewesen, habe aber in bestehenden Parteien seine Überzeugung wenig repäsentiert gefunden, sagt der 1985 in Forst geborene Engler, auch Sprecher der Deutschen Burschenschaft, der über dem weinroten Pulli ein glattes dunkelbraunes Sakko trägt, in dessen Revers zwar kein Knopfloch für die Chrysantheme eingesteppt, dafür im rechten Kragenwinkel ein winziges Abzeichen eingesteckt ist.
Auf die Asylpolitik angesprochen, müssten, Englers Meinung nach, die Regularien geändert werden. Engler spricht leise, sucht nach Worten, wirkt nervös, blickt hin und her. Nach missionarischem Parteiprogramm sieht das nicht aus. Vielmehr nach Improvisation.

„Ich denke, daß es bei uns, wie in jeder Partei unterschiedliche Meinungen gibt, so auch an der Basis“, antwortet der Stadtrat auf die Frage nach der politischen Ausrichtung der Partei, „geistige Gleichschaltung wollen wir nicht.“ In anderen Parteien gebe es auch nicht immer Einigkeit.

Die Kritik der AfD vergangenes Jahr an der Bus-Skulptur vor der Frauenkirche, habe ganz schnell an Kunstzensur erinnert, entgegnet Andreas Weller, dabei gehöre das Bus-Monument zur Bewerbungskultur der Landeshauptstadt für die Kulturhauptstadt Europas 2025.

„Wir wollen vordergründig eine Sachpolitik machen“, argumentiert Gordon Engler. Was die AfD hintergündig will, sagt er nicht. Das Hintergründige erscheint in dem vordergründig harmlosen Datum der AfD-Vorstandswahl am 4.8.2017, wenn man weiß, dass die ersten Ziffern faschistisch besetzte Symbolträger für „wir“ und „unendlich“ sind. Ein Mosaiksteinchen.

Und es mutet an wie ein Seufzer, wenn Engler bekennt: „Das Dilemma ist, dass unsere Änderungsanträge oder auch unsere eigenen Anträge leider nicht umsetzbar sind. Wir streben eine bürgerlich-konservative Mehrheit an.“ Die AfD habe eine andere Sichtweise auf die Europapolitik und wolle mit eigener Wirtschaftspolitik darauf seit 2013 Einfluß nehmen, betont der 33jährige Referendar Lehramt an Gymnasien für Geschichte, Gemeinschaftskunde, Recht, Wirtschaft.

Die Ehemalige Parteivorsitzende und Mitbegründerin, Frauke Petry, habe sich innerhalb eines Jahres selber abgeschossen und dann immer noch einen draufgesetzt. Parteigründer Bernd Lucke sei innerhalb weniger Monate nicht mehr wählbar gewesen für die Basis, weil er sich machtpolitisch mit seinem Verein „Der Weckruf 2015“ ins Abseits gestellt habe.

Für AfD könne man ja auch „Alternative für Dresden“ setzen, heißt es aus dem Plenum.
„Es war schwer zu erkennen, was die AfD für Dresden will“, moniert Journalistin Bettina Klemm, „Infrastruktur, ja, aber was weiter, was heißt: konservativ. Ich bin da etwas hilflos, wenn es um Ihre Partei geht.“ „Wenn die Menschen, die nach Deutschland kommen“, erläutert Gordon Engler, Mitglied im Integrations- und Ausländerbeirat, „im Laufe der Zeit auch ein deutsches Nationalbewußtsein entwickeln und damit Deutsche werden“, umreißt Engler seine Wunschvorstellung.

„Welche Ideen haben Sie für die Gestaltung der Stadt?“ fragt Clubmitglied Andreas Schulz.
Es gebe immer wieder Gemeinsamkeiten, aber auch noch einige Stadtteile in Dresden, die von der Gesellschaft abgehängt seien, erklärt Engler, der auch im Ausschuß Allgemeine Verwaltung, Ordnung und Sicherheit sitzt: „Dresden darf die verheerende Ausbildung von Parallelgesellschaften wie in anderen deutschen Städten nicht entstehen lassen.

Text und Fotos: Roland Fröhlich