Dresdner Polizeipräsident beim Presseclub: Was haben Sie bisher erreicht, Herr Rodig?

Seit Sommer 2022 ist Lutz Rodig Polizeipräsident in Dresden. Wie seine Vorgänger muss sich Rodig mit Problemen befassen, die Dresden bereits seit Jahren plagen: Jugendkriminalität, Drogengeschäfte am Wiener Platz und die miese Statistik bei der Verkehrssicherheit für Radfahrer. Die Palette ist breit.

Darüber sprach Polizeipräsident Rodig mit den Mitgliedern des Presseclubs im Restaurant „Dresden 1900“ am Neumarkt. Er zog dabei eine Bilanz und stellte sich kritischen Fragen der Moderatoren Karsten Schlinzig, Tobias Wolf und des Publikums.

„Wäre realitätsfremd zu glauben, wie würden die Situation hundertprozentig in Griff bekommen“

Zunächst sprach Rodig über zwei kriminelle Brennpunkte der Stadt: den Wiener Platz und die Prager Straße. Seit vielen Jahren werden an beiden Orten Drogen verkauft, es kommt regelmäßig zu Diebstählen und Schlägereien. Schon seit 2014 ist die Polizei an beiden Orten besonders aktiv. Doch wie erfolgreich sind die Beamten?

Lutz Rodigs Bilanz: „Die Zahl der Vorfälle ist während der Corona-Pandemie zurückgegangen. Jetzt beobachten wir wieder einen Anstieg, bei unserer täglichen Morgenlage sind die Orte ständiges Gesprächsthema.“ Bereits im vergangenen Jahr haben Polizei und die Stadt reagiert und den Wiener Platz erneut als „Kriminalitätsschwerpunkt“ eingestuft. „Wir haben am Wiener Platz vermehrt kontrolliert und waren zunächst auch erfolgreich“, sagte Rodig.

Spätestens im Frühjahr hätten die Kriminellen aber reagiert und Drogengeschäfte in andere Stadtteile unweit des Wiener Platzes verlagert. „Unsere Maßnahmen sind dann ins Leere gelaufen“, sagte Rodig. Deshalb habe die Polizei eine eigene Ermittlungsgruppe gegründet und sich „eine Personenkenntnis aufgebaut“. So sei es gelungen, Täter schneller zu ergreifen.

Also alles gut am Wiener Platz oder wird die Kriminalität nur vorübergehend verdrängt? „Es wäre realitätsfremd zu glauben, wir würden die Situation einhundertprozentig in Griff bekommen“, sagte der Polizeipräsident. Man sei jetzt damit beschäftigt, die Strukturen hinter der Szene aufzuklären, auch mit Zivilermittlern.

Jugendkriminalität in Dresden: „Werden in den nächsten Monaten dranbleiben“

Im Anschluss wurde über die Jugendkriminalität in Dresden gesprochen. Besonders viele Straftaten beobachtet die Polizei rund um den Schillerplatz, den Amalie-Dietrich-Platz sowie die äußere Neustadt und die Prager Straße. „Jugendkriminalität ist aber ein Phänomen in der ganzen Stadt“, so Rodig. Im vergangenen Jahr gründete die Polizei deshalb die Sonderkommission (Soko) „Iuventus“. „Wir haben die Jugendkriminalität längst nicht im Griff“, sagte Lutz Rodig. „Wir werden in den nächsten Monaten dranbleiben und versuchen, die Jugendlichen aus ihrem negativen Umfeld zu holen.“

Mittlerweile sei es der Soko gelungen, eine umfangreiche Personenkenntnis aufzubauen. Viele Täter seien der Polizei bereits aus vergangenen Delikten bekannt. „Die Wahrscheinlichkeit, Tatverdächtige zu ermitteln, liebt bei etwa 90 Prozent“, sagte Rodig. Positiv hob der Polizeipräsident die Zusammenarbeit mit dem Jugendamt Dresden, der Staatsanwaltschaft und der Jugendgerichtshilfe hervor.

„Wir brauchen eine kommunikative Polizei“

Am Montagabend wurde auch die Verkehrssicherheit in Dresden diskutiert. „Dresden ist Schlusslicht, wenn es um Verkehrsunfälle mit Radfahrern geht“, sagte Rodig. Man habe deshalb ein Maßnahmenpaket mit der Stadt erarbeitet. Mit der Kontrollaktion „Respekt durch Rücksicht“ prüft die Polizei etwa regelmäßig, ob Autofahrer genug Abstand zu den Radfahrern halten. Rodig begrüßt es grundsätzlich, dass die Stadt neue Radwege anlegt. „Statt separaten, abgesetzten Radwegen werden aber häufig Markierungen auf der Fahrbahn angebracht“, sagte der Polizeipräsident. Er hält das für die „zweitbeste Lösung“, sagt aber, dass nur Radwege auf der Straße vom Bund gefördert werden.

Lutz Rodig ist 60 Jahre alt. Für die Zeit nach seiner Pensionierung wünscht er sich vor allem eins: „Die Polizei muss wieder in der Mitte der Gesellschaft ankommen.“ Die Migrationswelle 2015 und die Corona-Pandemie wären ein „belastendes Moment für die Polizei“ gewesen. Gemeint sind die Proteste von Pegida und Querdenkern, die immer noch regelmäßig montags auf die Straße gehen. In Sachsen kam es in der Vergangenheit immer wieder zu vereinzelten Übergriffen auf Polizeibeamte. „Bei diesen Protesten sind außerdem viele Beamte im Einsatz – Kräfte, die dann an anderer Stelle fehlen“, so Lutz Rodig. Auch an seinen zukünftigen Nachfolger – oder seine Nachfolgerin – hat Rodig klare Forderungen. „Wir brauchen eine kommunikative Polizei, die aber auch notwendig konsequent ist, wenn es darauf ankommt.“

Text von Connor Endt, Fotos von Stefan Scharf

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